Montag, 16. November 2015

Danke für den Hinweis, #IS! Ich mach denn mal weiter



Ich weiß wieder, warum ich lebe. Das Schicksal hat mich in eine der besten Städte dieser Welt gesetzt. #Berlin. Das ist so einer der Orte, wo man nachts Spaß haben kann, auch am Tage nach den Pariser Anschlägen.

Am 14.November bin ich abends in einen der zalreichen Clubs gegangen, ins „Madame Claude“ unter dem Motto „Habemus Samstag“. Eintritt freiwillig, der Herr an der Kasse sagte: „irgendwas zwischen 6 und 12 Euro“ solle man geben. Null wäre auch gegangen. Ich gab einen Zehner und ging rein in das Kellerlokal.

Dort traten nacheinander zwei junge Musiker und Sänger aus New York auf, einer der beiden mit Namen „Omega Sirius Moon“ war richtig gut. Er sang so etwa ein halbes Stündchen, danach hatte man einen Eindruck. „OMS“ war offenbar mit einem Notequipment gekommen, einer akustischen Gitarre und seiner Stimme, letztere in Vollausstattung. Ich kaufte noch eine MP3-CD und konnte mir zu Hause die Songs in elektrischer Version anhören, mit Band im Studio und so. Man merkte, die Songs rockten so natürlich viel mehr, aber die alte Regel bleibt: Einen guten Song kannst Du in der Badewanne pfeifen, er bleibt ein guter Song.

Kein glanzvoller Abend, aber inspiriert. Es gibt ein tolles Angebot in dieser Stadt. Große und kleine Events. Hallen, Clubs, Locations. Und ich stelle mir nicht vor, wie dort marodierende Selbstmordkommandos auf Passanten feuern. Das habe ich nämlich schon getan. Und manchmal habe ich sogar ein bisschen Angst, da könnte sowas passieren…
Aber dann geh ich weiter, was geschieht, geschieht sowieso. Und bin irgendwie dankbar, dass ich weiß, wofür ich lebe, und wie viel das wert ist. Das lasse ich mir nicht verderben.

Neulich wurde Gott zitiert: „In meinem Namen? Ich kenne die ja nicht mal!“
Kann wirklich von IHM sein.

@hoeldke2015

Dienstag, 10. November 2015

#WM 2006 - Ein guter Kauf

#WM 2006 - Ein guter Kauf

Nun ist es raus: Die WM 2006 ist gegen Bakschisch nach Deutschland gekommen. Und? War das so verkehrt? Natürlich war es das. Aber ist das Sommermärchen entzaubert? Nein! Und nichts wäre verlogener, als hier moralinsauer Kritik zu üben.

Deutschland war gut bedient damit. Es konnte zeigen, was es kann in puncto Gastfreundlichkeit und Organisationstalent. Keine Sklavenarbeiter, keine Winter- statt-Sommer-Termine, kein Nationalismus. Die Gäste haben sich wohl gefühlt in unserem Land, und wir uns mit ihnen. Deutschlands Ruf hat damals eine ganz entscheidende Wende erfahren, die Bundesbürger zeigten sich als harmlose Sportpatrioten, die Infrastruktur erwies sich als dem Gästeansturm gewachsen, die Republik feierte Party um Party, hatte was zu lachen, hatte der Welt etwas zu geben.

Die WM 2006 bescherte der #DFB-Elf sieben Heimspiele, der deutsche Qualitätsfußball kam ins Rollen, die Fans blieben friedlich. Deutschland hatte ein paar glückliche Wochen, sogar Fußball-Abstinenzler machten eine Ausnahme, wollten dabei sein.
Am Ende: Platz drei, es gab noch viel zu tun, aber Löw drehte ja im Hintergrund schon am Steuerrad hinter dem großen Zampano Klinsmann. Die Mannschaft war sympathisch und fair, selbst die Halbfinal-Niederlage gegen Italien landete irgendwie auf der Habenseite, war man doch nicht sportlich unterlegen, sondern in puncto Abgebrühtheit.

Natürlich kommt jetzt das Lamento mit vielen Konjunktiven, Zeigefinger werden ausgestreckt, um von sich selbst abzulenken, die Anständigen stehen auf, weisen auf die moralischen Verfehlungen hin, trauern laut, weil der Sport, ja nicht nur der, sondern „das Sportliche an sich“ unter die Räder gekommen ist. Und weil Deutschland, unser Deutschland nun überraschenderweise doch so korrupt war und offenbar immer noch ist.

Die Freude jener Tage zwischen 9.Juni und 9.Juli ist nicht verderbbar. Es war eine tolle Zeit für alle. Man kann die Zeigefinger wieder einziehen, egal, ob sie nun auf Personen oder einfach in die Höhe gerichtet sind.

Am Ende werden ein paar Köpfe rollen, und bestimmt nicht aus größtmöglicher Höhe. Wie immer.
Dennoch: Der Kauf der WM 2006 war illegal. Aber eben ein guter Kauf.

©hoeldke2015

Montag, 9. November 2015

Merkel liegt gar nicht so schief - Zaubergesellin und Teilerfolge

Die Rücktrittsrufe, sie werden immer vernehmlicher. Laut Focus-Umfrage sogar ein Drittel der Deutschen. Wie alle demographischen Erhebungen kann man mit solchen Zahlen beeindrucken, eine Aussagekraft hätten sie aber nur, wenn man dagegen hielte, wie viele der Befragten, ablehnende wie zustimmende, auch zur Wahl gehen würden. Eine Ablehnerzahl um dreißig Prozent ist übrigens nichts außergewöhnliches, jemand, der die Regierung nicht mag, würde ihren Rückzug immer begrüßen. Ähnlich unzuverlässig ist die Quote derjenigen, die die Kanzlerin wegen ihrer Haltung in der Flüchtlingskrise nicht aus dem Amt jagen würden.

Die ich rief, die Geister…nur wären die auch gekommen, wenn Merkel nicht gerufen hätte, und ebenfalls vorzugsweise nach Deutschland, dann aber in viel größerer Zahl illegal. So hatten die Behörden wenigstens noch ein bisschen Zeit, sich auf die neue Lage einzustellen. Insofern ist die Situation jetzt sogar die bessere, ein Teilerfolg. Natürlich hat die Kanzlerin das Dubliner Übereinkommen ignoriert, es wäre aber wirkungslos geblieben, wenn Merkel sich Dublin-konform verhalten hätte.

Es bleibt dabei: Den immer mehr frierenden und hungernden Menschen muss geholfen werden. Unter strenger Kontrolle. Die Internierungslager sind ja vom Tisch. Vorerst.

@hoeldke2015

Dienstag, 3. November 2015

Emotionslosigkeit macht wütend



Emotionslosigkeit macht wütend

„Slow Motions“ - ein minimalistisches Konzert am 2. November 2015 im Heimathafen Neukölln


Ein ruhigeres Konzert habe ich noch nie besucht. Die Stücke aus Jakob Ullmanns "Solo"-Reihe können einzeln oder gleichzeitig gespielt werden; es gilt das Abendprogramm. in diesem Falle war die Wahl auf Solo I, Solo II, Solo IV und Solo V gefallen. Sinnträchtig ob dieser Nicht-Ensemble-Konstellation hatte man die vier Musiker an weit auseinanderliegenden Stellen in dem wundervoll morbiden und trübe beleuchteten Saal des Heimathafens Neukölln platziert, zu den Aufführungen verlöschte das Licht bis auf solistische Spots ganz. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können, so leise war’s, denn auch das Publikum atmete gänzlich unvernehmlich und war gemessen am Frühnovember erfreulich unverschnupft.

Die Spieler (Erik Drescher, Flöte; Dafne Vicente-Sandoval, Fagott; Ellen Fallowfield, Violoncello; Jane Dickson, Klavier) konnten wahrlich ihr Bestes geben, vor allen Dingen in puncto professioneller Geduld. Denn auch die tonstärkste Stelle der Aufführung verließ den Pianissimobereich nicht, eine falsche Bewegung, und das Ganze wäre ruiniert gewesen. Als ungeübter Ullmann-Hörer muss man bei diesen Stücken endlos lange darauf warten, dass etwas passiert, und wenn es dann so weit ist, geschieht dies immer an der Wahrnehmungsgrenze.
Laut Programm-Faltblatt ist es auch die Absicht Ullmanns, den Zuhörer herauszufordern, „sich in einen Modus der extremen Aufmerksamkeit zu begeben um dadurch so voll wie möglich die Musik als Wahrnehmung, Bewegung und Raum zu erfahren“.
Nun. Das habe ich getan. Ergebnis: Wenn Musiker sich im extremen Pianissimobereich bewegen, entstehen Nebengeräusche, die werden seit Mitte des letzten Jahrhunderts zunehmend musikalisch verwertet. So auch hier (die Stücke sind im Zeitraum 1992 bis 2014 entstanden). Wie bei einem Obertonsänger entstanden Binnenklänge mit einem Verlauf, der nicht endlos auf seinen Fortgang warten ließ, besonders die Flöte des wunderbaren Erik Drescher zeigte melodieartig-lineare Gestalten. Leider bildeten diese als Notfuriosi wahrzunehmenden Ereignisse die Ausnahme in der ansonsten an Ödnis kaum zu überbietenden quasi eineinhalbdimensionalen Fläche. Auch die anderen sonst ausnahmslos weiblichen Musiker bestachen durch ihre professionelle Geduld und Souveränität.

Man mag jetzt sagen, der Schreiber habe die falsche Einstelliung zu solcherlei Kompositionen, ich behaupte aber, hier einer misslungenen Aufführung beigewohnt zu haben: Die vorgetragenen Ullmann- Klänge waren im Saal des Heimathafens Neukölln so leise, dass man das Geräusch eines Kühlungsventilators (Licht, Mischpult?) dauernd zu ignorieren hatte, ein sehr anstrengender Vorgang für den Hörer; bei mir unterschritt der Nutzpegel gar das interne Rauschen meines Tinnitus. Man braucht ein leiseres Ambiente, um so etwas aufzuführen. Entspannung für ein „neues Hören“ zu erreichen war das Ziel. Ziel verfehlt.

Kaum Besserung der Lage nach der Pause bei Ernstalbrecht Stieblers dreisätzigem Opus „Im Raum/Quart solo/DUO 3“ für die Gesamtbesetzung Biliana Voutchkova, Violine/Viola; Andreas Voss, Violoncello; Ernstalbrecht Stiebler, Klavier. Die Stücke wurden übergangslos vorgetragen, was, obwohl einzeln im Zeitraum 1998 bis 2015 entstanden, völlig problemlos gelang, da außer den Besetzungsunterschieden kaum kompositorische Kontraste wahrzunehmen waren. Die Grenze des Kompositorischen ist erreicht, man wohnt einer zeitlich begrenzten Installation mit Menschen bei, Stiebler schreibt selbst im Folder: „Langsamkeit, stellenweise bis zum scheinbaren Stillstand geführt, manifestiert den Klangraum jenseits aller narrativen Figürlichkeit.“

Das Konzept des Nicht-Narrativen schien auch glänzend aufzugehen, nichts zu erzählen zu haben wirkt ermüdend, in meinem näheren Umfeld waren dann auch zwei Zuhörer eingeschlafen, zwei andere kämpften noch dagegen an, einer davon ich selbst.

Auch hier will ich aber kleine Nebenabenteuer nicht verschweigen. Besonders bei den Duettabschnitten der Streicher untereinander, man tauschte vor Allem sehr langsam vorgetragene Quinten und Quarten aus, entstanden kleine Schwebungen; welche nun Bestandteil der Komposition und welche Intonationsschwächen waren, die wohl bei mehr als zwanzig Meter auseinanderstehenden Musikern kaum zu vermeiden sind, war ohne Verfolgen einer Partitur nicht auszumachen. Jedenfalls ergab sich dadurch, dass ich den Kopf etwas drehte, eine Art Raumeindruck.

Beide Komponisten waren anwesend, und ihr Werk wurde jedesmal mit freundlich-distanziertem Applaus bedacht. Da ich mir nicht vorstellen kann, dass ich der einzige klar denkende Mensch im Publikum war, muss ich wohl mein musikalisches Rezeptionsvermögen einer strengen Prüfung unterziehen. Meinen Applaus konnte ich jedoch nur den wunderbaren Vortragskünstlern widmen.

Nie anfreunden kann mich allerdings mit der Forderung, die nach dem Zweiten Weltkrieg laut geworden ist: Emotionalität in der Musik zu vermeiden. Schon allein deswegen, weil das musikalische Menschen sehr, sehr wütend machen kann. Wir müssen einfach hinnehmen, dass Musik Gemüter bewegt, auch, wenn das so manchem politisch nicht opportun erscheinen sollte.

Anekdotisches zum Schluss. Der am Klavier sitzende Ernstalbrecht Stiebler war ständig damit beschäftigt, seine Hände mit einem Taschentuch abzutrocknen. Das wirkte so nervös, dass er sich überlegen sollte, ob es nicht doch stört in dem eher meditativen Rahmen, den er bestimmt selbst für das Anhören seiner Werke fordert.

Einige Sekunden vor Schluss, bestritten von Violine und Klavier, fiel im Publikumsbereich laut klimpernd eine Gertränkeflasche um. Das klang wie echter Protest - Flasche leer.

©hoeldke2015

Montag, 2. November 2015

Richtungsweisungen - CSU statt AfD?


Richtungsweisungen

Nun hat der Flüchtlingsgipfel also nichts gebracht, außer vielleicht das Land einer Regierungskrise etwas näher. Was sich derzeit am provisorischen Migrantendrehkreuz in Passau abspielt, ist menschlich wie politisch erbarmungswürdig. Oberbürgermeister Dupper weiß sehr genau um die nur begrenzte Belastbarkeit der Mitarbeiter, die alles menschenmögliche tun, die Lage unter Kontrolle zu halten.

Ein „wir schaffen das“ muss ihm wie Hohn vorkommen, er kann sich nicht äußern, die parteipolitische Raison gebietet dies, er ist Sozialdemokrat, aber er weiß, was ein volles Boot ist. Die Großkopferten auf dem Krisengipfel konnten sich nicht einigen, ebenfalls aus Parteidisziplingründen. Entlastung der Situation ist gefragt, mit ungeliebten, weil drastischen Mitteln. Ausgerechnet die CSU befindet sich an nächster Stelle zur Realität mit ihren Plänen für „Transitzonen“, ein netter Name für Internierungslager, die nun leider notwendig geworden sind. Man muss diejenigen, die unmittelbaren Anspruch auf Zuflucht haben, früh von denen trennen, die zwar auch gewichtige Gründe haben, hierher gekommen zu sein, aber eben nicht einem Kriegselend zu entkommen versuchen. Sagte da jemand „Selektion“? Prioritäten gilt es zu setzen, ein grausamer Vorgang für die, die das Los getroffen hat, „nur“ ihrer wirtschaftlich aussichtslosen Situation ein Ende setzen zu wollen. Doch gelten muss: Kriegsflüchtlinge haben hier Vortritt.

Die Erreichtung solcher Lager ist unumgänglich, es wäre naiv, anzunehmen, dass nicht tausende versuchen würden, aus „Einwanderungszentren“ heraus anonym in der Illegaltät unterzutauchen, man kann sie nicht erst auf das Land verteilen, um sie anschließend zurückzuführen. SPD und CDU müssen noch parken in ihrer „Wir-schaffen-das“-Sackgasse, sie haben keine Lust, sich als „Lügner“ beschimpfen zu lassen, weil sie in Sachen Willkommenskultur den Mund zu voll genommen haben. Man darf gespannt sein, wie sie sich herauswinden werden. Die CDU hat die Fühler schon mal ausgestreckt, doch der CSU ist das zu wenig. Sie wird weiter drängen, weiter drohen.

Allein, die sich abzeichnende Abspaltung der Chistsozialen von der Schwesterpartei ist als Phänomen nicht neu; die Fraktionsgemeinschaft ist 1976 ja auch schon einmal aufgekündigt worden, 2005 diente so etwas als Drohkulisse gegen eine Jamaica-Koalition. Wäre es nicht eine gute Idee, diesen Gedanken zu Ende zu denken und die Trennung diesmal zu vollziehen, also bei der nächsten Wahl eine bundesweite CSU in den Ring zu schicken?

Unter Angela Merkel hat die CDU begonnen, in den Wassern der SPD zu fischen, statt sich einer ihrer Kernaufgaben zu widmen, nämlich auch die Konservativen am rechten Rand zu befriedigen, dafür standen einmal Figuren wie Dregger, Strauß oder Lummer Pate. Gemeint ist die Wählerschaft, die man als rechts, aber nicht rechtsradikal bezeichnen kann, wie es eine immer dumpfer werdende Clique auf der linken Seite zunehmend versucht. Tatsache ist: Hätte die CDU/CSU mehr „rechten Schneid“ gehabt, würde es nur einer sehr kleinen Minderheit einfallen, montags auf PEGIDA-Demos mitszustolpern, wo jetzt echte Rechtsradikale wahre Fischereihafenfeste feiern können. Stattdessen hat die Kanzlerin die Union sozialdemokratisiert, das bringt die bürgerliche SPD in Nöte, was macht man, wenn man nicht die Postkommunisten oder die Fast-Pensionäre von den Grünen wählen möchte, aber die CDU nicht mag?

Merkel ist großen Teilen der Unionsparteien schon lange ein Dorn im Auge: Eine Frau, und dann auch noch eine Ost-Frau. Zwar hat sie bei Ziehvater Helmut gelernt, wie man die Schwerkraft am Amtssitz vergrößert, doch den konservativen Auftrag hat sie verkannt, die Partei ist nach links gerückt, der biedere Unionswähler ist da geblieben, wo er war, nun läuft er in die Richtung der Brandstifter. An der Parteibasis zeigt sich ein Riss, tief und mit jeder Kontroverse schlechter zu überbrücken; Griechenland, Homo-Ehe, Flüchtlingskrise: Alles Themen, die für das Land oder zumindest für seine konservative Partei zur Überlebensfrage anwachsen können. Es warten hoffnungsfroh die AfD und andere besorgte Bürger mit ihrer Willkommenskultur.

Ein Seehofer mit seiner Autorität könnte, wenn er mit einer bundesweiten CSU auftritt, der momentan zahlenstarken, aber labilen AfD das Wasser abgraben, sprich, die Wähler wegnehmen. Denn die Mehrheit derer, die die Rechtsalternativen wählen, wollen eigentlich kein Viertes Reich, sie wünschen Kontrolle über die Immigrationswelle. Seehofer kann die natürlich genauso wenig garantieren wie der Fahnenschwenker Höcke, doch würde eine Bundes-CSU die Wähler wieder ins eindeutig demokratische Spektrum zurückholen, im Bundestag für eine neue Art der Unionsmehrheit sorgen, die Stahlhelmer dabei etwas zähmen. Früher waren die übrigens nicht nur unionsaffin, sondern fanden auch in der F.D.P. ein Zuhause, die auf der rechtskonservativen Seite ein politisches Angebot bereithielt, nun aber als Politsekte mit großer Vergangenheit und winziger Zukunft vor sich hindümpelt. Eine bundesweite CSU könnte die Union wieder konservativer machen, der sympthisch-menschliche Zug, den Merkel mit ihrer Tor-Auf-Geste evoziert hat, würde zwar verblassen, aber für die politische Landschaft wäre es auf Dauer besser, wenn man die neue Rechte auf diese Weise trockenlegte.

©hoeldke 2015

Mittwoch, 14. Oktober 2015

DEGEM CD 13 – Grenzen - vorgestellt von Julia Mihály auf DEGEM Webradio @ ZKM





Oktober/November-Programm im DEGEM Webradio @ ZKM (Sendezeiten s.u.)


Rechtzeitig zum KONTAKTE-Festival in der Berliner Akademie der Künste ist das neue Album erschienen:


DEGEM CD 13 – Grenzen
Kuratiert von Florian Hartlieb, erschienen in der Edition DEGEM, 2015

Grenzen

Grenze – sie kann den Rand eines Raumes bezeichnen, sie kann eine Trennlinie sein oder eine Trennfläche. Grenzen zwischen Menschen, Nationen, Staaten, Gedanken, Traditionen, Landstrichen, Kulturen. Eine Abgrenzung von außen und innen. Eine Begrenzung des Eigenen oder die Grenze zum Anderen. Grenzen können durchschritten, übertreten, aufgebrochen, überwunden, ignoriert oder verschoben werden. Genauso kann eine Grenze schier unüberwindbar sein.
Grenzen – das sind für mich eines der zentralen Themen unserer Zeit. Wurden die Grenzen an vielen Stellen Europas auch längst abgebaut, sind die Ränder des Kontinents in den vergangenen Monaten für viele zur tödlichen Grenze geworden. Religionen und Kulturen werden als Grenzen wahrgenommen. Die Beschäftigung mit der aktuellen politischen Lage, motivierte mich, für die DEGEM CD 13 das Oberthema Grenzen zu wählen.
Grenzen – In der Interpretation des Themas sollten die Komponist/-innen völlig frei sein. Auf diese Weise wurden 10 hochwertige, neue Stücke geschrieben, die sich auf eine vielfältige experimentelle und sehr differenzierte Weise mit Grenzen auseinander setzen.
Vorwort zur CD von Florian Hartlieb.
Die Moderationen zu dieser Sendung entstanden in einem Gebäude neben einer Großbaustelle. Der Lärm dieser Baustelle war drinnen wie draußen so präsent, dass diese Geräuschkulisse so oder so Teil der Aufnahmen geworden wäre. Da sie aber nicht ausblendbar war, wurde sie kurzerhand zu konzeptuellem Bestandteil der Sendung. Es entstanden Moderationen „an der Grenze des Hörbaren“.

Eine Sendung von Julia Mihály.

Unseren Radioplayer finden Sie auf www.degem.de

Mo 00:00, 12:00

Di 10:00, 22:00

Mi 08:00, 20:00

Do 06:00, 18:00

Fr 04:00, 16:00

Sa 02:00, 14:00

So 08:00, 20:00

Oder besuchen Sie unsere ZKM-Seite: http://biblio.zkm.de/DegemWebradio/impressum.htm

Dienstag, 13. Oktober 2015

Alles Strom - Werden Sie #Radiomacher! Senden Sie Elektroakutische Musik!

 

Alles Strom - Werden Sie #Radiomacher! Senden Sie Elektroakutische Musik!


Wir, die Redaktion des DEGEM Webradio @ ZKM suchen #Radio- und Musikinteressierte, die bereit sind, an unserem Programm mitzuarbeiten.
Unser Sender ist ein radiophones Forum, auf dem Beiträge zu Werken der Elektroakustischen Musik und der Klangkunst präsentiert werden können. Dies können Berichte, Features, Konzertmitschnitte oder auch Originalwerke sein, inhaltliche Beschränkungen gibt es nicht. Oftmals werden in Beiträgen auch innovative Konzepte gezeigt.
Machen Sie Radio! Wenn Sie bei uns senden, tun Sie das in recht prominenter Gesellschaft: Unter anderem haben Johannes S. Sistermanns, Stefan Fricke, Ludger Brümmer und Uli Aumüller  schon Beiträge geliefert.

Haben Sie eine Idee, wie Radio mit Elektroakustischer Musik klingen sollte? Zeigen Sie sie. Wenden Sie sich an uns.

Das DEGEM Webradio @ ZKM erfreut sich national und international zunehmender Beliebtheit, es stellt für Musikschaffende in Komposition, Performance oder Klangkunst eine sehr interessante Möglichkeit dar, Öffentlichkeit herzustellen und zu erweitern. Ihre Beiträge können als Audio in oder Schriftform eingereicht werden.

Wenn Sie Interesse haben, etwas zu veröffentlichen oder veröffentlichen zu lassen oder Fragen zu unserem Programm haben, so wenden Sie sich bitte an:

hoeldke@degem.de

Grüße aus dem Netz!
Michael Hoeldke, Redaktion DEGEM Webradio @ ZKM

http://www.degem.de/

Montag, 12. Oktober 2015

#Satire traut sich nicht mehr


#Satire traut sich nicht mehr

Satire ist in Zeiten der Diktatur ein notwendiges Spiel mit dem Feuer gewesen, bisweilen unter Lebensgefahr.

Notwendig ist es geblieben, das Amüsement auf Kosten der Mächtigen in der Nachkriegszeit, der heißen und der kalten. Der Gestus, unter wohligem Schaudern die Regierenden zu kritisieren, hält sich nach Ende einer Diktatur noch zwei Jahrzehnte und bleibt unbestritten, danach wird die Sache dröge. Diktatoren jagen gern jeden Satiriker, weil er den Blick auf die andere Seite nicht nur zulässt, sondern auch schärft.
In einer Demokratie entwickelt Macht immer neue Organe und Bewegungen, muss Satire respektlos gegen alles und jeden bleiben, gegen das Parlament mit allen Parteien. Das ganze politische Spektrum von linksextrem bis rechtsextrem muss das Ziel sein. Ohne Mäßigung, ohne Parteinahme. Satire ist eine Achse, um die sich eine geistige Welt drehen kann und soll.

„Pelzig hält sich“ und „heute-show“ gehören leider immer weniger dazu.

Die An- und Absichten, die Welke und Barwasser (Pelzig) äußern, sind ja gar nicht abwegig, aber beide reiten als Streiter für das Gute über den Schirm. Welke wollte am 2.Oktober am liebsten mit Gysi kuscheln, so dass der sein chronisches Gendern vergaß, und Deutschlands gefürchtetster Gelenktaschenträger versuchte ein paar Tage später wie eine Wespe am Marmeladenglas, FDP-Frau Lemcke Steiner zu attackieren, bloß um sich ein paar politisch korrekte Lacher zu sichern. Das gelang nicht mangels Beweglichkeit und Beißkraft, obwohl das Opfer geeignet war.
In seinen Moderationen schwadronierte Pelzig noch gegen die Verflechtung von Regierung, Industrie und Kapital, wie originell.

Satire streitet biiteschön für niemanden außer für sich selbst. Heuteshow und Pelzig machen zunehmend den Wahlkampf, der bekanntlich das ganze Jahr andauert, leider. Die bürgerliche Ökolinke, hart an der Pensionsgrenze, darf johlen. Man bleibt unter sich, und die wichtigste Funktion der Satire, eine Weitung des Blicks findet nicht mehr statt. Das Biedere obsiegt. Und das Anbiedern.
Nur zum lachen reicht es dann zunehmend nicht mehr.

©hoeldke2015

Donnerstag, 8. Oktober 2015

Neu im DEGEM Webradio: sonONOlux - Ein Schulprojekt. Jugendliche komponieren Filmmusik




sonONOlux - Ein Schulprojekt. Jugendliche komponieren Filmmusik

Alles ist zu klein in dem Klassenraum, während der Projekttage sind die Grenze zwischen Grundschule, Realschule und Oberstufe aufgehoben. Primarstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II laufen durcheinander. In der Anna-Seghers-Schule in Berlin Adlershof findet eine Kulturwoche statt, sie heißt „Licht-Blick-Spiele“. Man sagt auch „Projekttage“. Gedacht als Abwechslung, kann die Schule ihr Dasein als Schule nicht einfach abschütteln, obwohl sie das gerne würde.
Die Gruppe besteht aus sieben Schülern, drei Jungen, vier Mädchen. Sie wird sich verringern, dann aus einem, manchmal zwei Jungen und drei Mädchen bestehen. Die Teilnehmer, auch die Erwachsenen sitzen auf winzigen Grundschüler-Stühlen, der Klassenraum, sonst randvoll mit Kindern, wird jetzt von sieben, acht, neun, zehn Schülern benutzt, eine leicht deprimierende Leere. VielPlatz, aber was will man damit, wer soll ihn wie ausfüllen? Die Wände sind schön bunt, denn die Kinder, die sonst hier einsitzen, haben was gemalt.
Am Anfang sind alle Schüler damit beschäftigt, cool zu sein und werden damit beschäftigt Filme anzugucken, Filme ohne Ton, Filme, die man sonst nicht angucken würde, nie im Leben. „Experimentalfilme“, sagen die Erwachsenen, der Lehrer, die Komponistinnen.

Leider steht vor dem Problem, Musik zu machen, noch ein viel größeres Problem: Über Musik zu reden. Musik hat etwas mit Intimsphäre zu tun. Darüber reden heißt über etwas sehr persönliches zu reden. Und das möglicherweise mit Leuten, die selbst gar keine Musik machen. Eine Zumutung für viele Musikschaffende, besonders wenn man vor seiner ersten Musikschöpfung steht.

Am Ende steht der Erfolg. Jedesmal.

sonONOlux ist ein Schulprojekt der Komponistinnen Eunice Martins und Laura Mello. Die zweistündige Sendung auf DEGEM Webradio @ ZKM begleitet die beiden auf Projekttagen einer Berliner Gesamtschule.

http://www.degem.de
Links unten finden Sie den Player und können das laufende Programm einschalten

http://biblio.zkm.de/DegemWebradio/programm.htm
Wählen Sie Slot „B“. Dorterfahren Sie die Anfangszeiten

Michael Hoeldke

Montag, 5. Oktober 2015

Hausmusik als Gesellschaftsform - Jam Session im A Trane in der Berliner Bleibtreustraße.

 


Es ist immer irgendwie mehr als ein Konzert: Ab Null Uhr spielen Musiker aus einer unübersichtlichen Anzahl von Nationen eine Jazzclub-Hausmusik. Und immer wieder finden gute Protagonisten der Szene dorthin. Eintritt frei.

Die Musiker, die sich auf der Bühne oft zum ersten Mal begegnen, finden trotzdem ohne jede Vorbereitung vom ersten Moment an zusammen, bilden eine Spontanband, die ohne Probe spielen kann, mit und ohne Noten.
Man arbeitet zusammen, nicht nur auf der selben Bühne, sondern gleich am selben Projekt, dem Song, dem Musikstück. Jeder hat gleichermaßen ein Interesse daran, dass er selbst und auch alle Mitwirkenden zur tragenden Säule einer kleinen Gesellschaft werden.

Es gibt ein Regelwerk, an das sich alle halten müssen: Der Song. Melodie und Begleitakkorde sind allen bekannt, bilden das Gerüst, das Gesetz. Tempo und Stil werden vorher abgesprochen. Jeder weiß, worauf man achten muss, um anderen nicht in die Quere zu kommen mit seinem Instrument, nicht „dazwischen zu reden“. Es ist ein Dialog, ein Zusammenleben da vorne, das will bewältigt werden. Kein Teilnehmer dieses Mikrokosmos darf auf seiner Bahn einem anderen in die Quere kommen, jeder hat seine Aufgabe im System, hält den Stern, um den alle kreisen - den Song - in der Balance.

Die Interaktion zwischen den Musikern auf der Bühne ist ein Forum für den Hörer. Zwar sind alle Mitwirkenden Professionals, aber: Keiner der Zuhörer braucht musikalische Fachkenntnisse, um den Vorgängen auf der Bühne folgen zu können. Es wäre gut, mal eine Schulklasse auszuführen und nach Vorbereitung eine solche Session zu besuchen. Man müsste Ihnen mal eine ganz besondere Exkursion gönnen, dafür vielleicht sogar eine Sondergenehmigung einholen, wegen Uhrzeit und Jugendschutz. Dann können sie aus nächster Nähe erleben, wie eine spontan zusammengewürfelte Gesellschaft sich findet, verständigt und funktioniert, sogar mit Spaß an der Sache.

@hoeldke 2015

Samstag, 3. Oktober 2015

Schönen Feiertag!




Ein bisschen sind sie angestiegen zum 25jährigen, die Benzinpreise. Vielleicht machen ja doch welche einen Ausflug? Ansonsten hält sich die Industrie zurück angesichts des guten Wetters draußen und des Unwetters, das sich an unseren Grenzen zusammenbraut. Schönen Feiertag? Warum nicht, solange es was zu feiern gibt. Und das gibt es in der Tat: Meinungsfreiheit, Reisefreiheit, Freiheit in Ost und West. Das Land steht in Blüte, und mit ihm seine Probleme.
Beim nationalen Prost auf die Einheit stört doch hier und da ein Kloß im Hals.

Die Politik hat so lange gelogen, bis das Land wieder gespalten war, in Flüchtlingsgegner und Flüchtlingswillkommenheißer, wie unsinnig das doch ist, beiderseits. Die, die anfangs auf den Straßen gegen eine Islamisierung demonstriert haben, rühmen sich ihrer Prophetie. Ein Ball, der von der NPD aufgefangen wurde, weil die anderen Parteien das versäumt haben, manche aus Germanophobie, andere waren schlicht handlungsunfähig und nannten es „Willkommenskultur“.
Dem wollte die Kanzlerin etwas hinzufügen mit ihrer unaufrichtigen Geste der Offenheit. Unaufrichtig, weil sie weiß, dass ihre Botschaft von der Migrationsflatrate nicht einzuhalten ist;
weil sie weiß, dass wir diese Aufgabe nicht schaffen können, es sei denn, der Bürgerkrieg in Syrien ende in den nächsten Tagen. Das wird er nicht, denn Putin mischt mit, und wie wir aus dem Ukrainekonflikt wissen, ist Frieden für ihn erst ein Ziel, wenn er den Krieg gewonnen hat.

Dessen ungeachtet: Deutschland ist zu unbedeutend, um hier echten Einfluss zu nehmen.
Dessen ungeachtet: Die Flüchtlinge sind hier, und noch viele, viele werden nachkommen. Aus Syrien, dem Irak, Afghanistan, Eritrea. Fremde Menschen aus fremden Kulturen. In Not sind sie alle, Kriegsflüchtlinge und Wirtschaftsflüchtlinge. Es geht gar nicht darum, ob uns Deutschen das zusagt oder nicht, für jede Flucht gibt es Gründe.

Ob wir nun Zelte oder Zäune bauen, ob die Flüchtlinge für gewöhnlich Kirchen, Tempel oder Moscheen besuchen oder an gar nichts glauben, ob das Boot nun voll ist oder nicht, ob es uns passt oder nicht, die Flüchtlinge kommen, sie sind Realität, damit müssen wir fertig werden.

Und da dürfen wir nicht zimperlich sein, weder uns noch ihnen gegenüber. Man sollte ihnen schnellstens mitteilen, dass sie sich von gewissen Traditionen und Lebensgewohnheiten verabschieden müssen, die mit unseren Werten kollidieren.

Wird es den Mut geben, ihnen das zu sagen? Gesellschaftliche, politische, religiöse Fragen, kein geistiger Stein wird für viele der Ankömmlinge auf dem anderen bleiben, denn sie müssen Deutsch lernen. Deutsch lernen heißt nicht nur die Sprache verstehen, es heißt auch unser Land zu begreifen, unsere Werte, mit denen wir die Bundesrepublik gestalten, nach unrühmlichem Vorleben, voller Leid für unsere Nachbarn und Deutschland selbst.

Manche unserer bürgerlichen Freiheiten und das Recht darauf sind für viele dieser Fremden Sünde, sie haben dies nicht anders gelernt. Sie müssen sich nun an unsere Regeln halten, auch in ihren Familien, wenn sie hier bleiben wollen. Das ist ein Stück notwendige Unfreiheit für sie. Man kann sie nur willkommen heißen, wenn sie sich in unsere Werte, unser System, unsere Gepflogenheiten einweisen lassen, ein unfertiges System, mit dem wir selbst oft unsere Schwierigkeiten haben.

Dies durchzusetzen, haben wir bei den „Gastarbeitern“ schon einmal versäumt. Dabei wäre es viel einfacher gewesen damals, denn sie waren freiwillig gekommen. Aber man hat sie sich selbst überlassen, an vielen Orten ist der „Staat im Staate“ entstanden. Mein türkischer Gemüsehändler hat mir schon vor zwanzig Jahren gesagt: „Ihr lasst uns hier viel zuviel machen!“. Und er hatte kein Verständnis für das, was wir „Toleranz“ genannt haben, das in seinen Augen nur eine Kultur der Verweichlichung war. Keine Undankbarkeit, einfach ein Ausdruck seiner Wertewelt.

Ein entschiedenes Anerkennen und Beachten unserer Werte ist unumgängliche Bedingung für ein vorübergehendes oder dauerhaftes Leben in unserem Land. Das ist kein Nationalismus, Hausrecht ist kein chauvinistisches Phänomen, obwohl seine Durchsetzung zu schmerzhaften Einschnitten führen wird. Und zu harten Konsequenzen: Diejenigen, die in Unterkünften zu Gewalt aufrufen, sollten Deutschland, sollten die EU auf schnellstem Wege wieder verlassen. Sie tragen nur hierher, wovor die anderen fliehen. Es wird, es muss Abschiebungen geben. Es muss schnell entschieden werden, dabei wird Unrecht geschehen. Kollateralschäden, die man riskieren muss im Dienste derjenigen, die hier als loyale Bürger leben wollen, vorübergehend oder dauerhaft.

Aber auch die werden auf große Schwierigkeiten stoßen. Es sind Zweifel angebracht, ob alle diese Schwierigkeiten bewältigen werden, die ihre Ursachen in Kultur und Religion haben. Das Verhältnis von Mann und Frau, das von Staat und Religion, das von Mensch und Gesellschaft, diese und noch andere Dinge sind mit Herzblut angefüllt. Es tut weh, hier etwas zu ändern, selbst, wenn man das will. Die Ehre steht meistens auf dem Spiel. Und der Ehrbegriff. Und damit spielt man nicht, auch nicht, wenn es sich um unseren Ehrbegriff handelt.

Wenn es Zweifel gibt, wie etwas zu bewerten ist oder ob jemand bleiben darf: Unsere Werte müssen gelten. Dazu gehört auch, dass die Institutionen unseres Staates arbeiten können und dies durchsetzen.

Tag X: Der Zeitpunkt, an dem das Tor zugeht, rückt näher. Dann wird es Ungerechtigkeiten, Geschrei und Proteste geben, Tumulte vor den Grenzen Deutschlands. Um sie in den Grenzen Deutschlands zu vermeiden; denn nur so können wir helfen, nur so lässt sich die Großzügigkeit der Spenden-Weltrekordler aufrecht erhalten: Aus einem bestehenden Wohlstand heraus.

Und die Industrie, die die Zuwanderung so offen begrüßt, kann sich nun wirklich nützlich machen, ohne jede Zurückhaltung und gern als Kartell: Hier ist Deutschland nicht unbedeutend, hier kann es Einfluss nehmen. Und dann besteht eine Aussicht auf Erfolg.

©hoeldke2015

Dienstag, 29. September 2015

Zum VW-Skandal via Ford


Ich habe sie geliebt, meine Ford Kombis - wegen ihrer robusten V-6-Motoren, einen Taunus 2.0 (der legendäre) und einen Granada 2.8 (Platz ohne Ende).

Umweltfreundlich waren sie allerdings nicht. Der Zwonuller brachte es auf 12 Liter Stadtverbrauch, der Granada lag bei 16 bis 18 Liter, bei Stau auf dem Stadtring auch schon mal zwanzig.

Beim TÜV wurde gemängelt, also ließ ich aufschreiben, was an meinen geliebten Klapperkästen auszusetzen war, dann wurde in der Werkstatt (Ein echter Meisterschrauber!) der Wunschzettel der technischen Sittenwächter abgearbeitet.
Doch vor der ersten Vorführung sagte mein Meister Herr Meyer: „Bevorse zum TÜV fahrn, machnwahn ASU-fertich!“ Die Abgas-Sonderuntersuchung (ASU) war seit 1985 Vorschrift und wurde nach Bestehen mit einer Extra-Plakette belohnt.
Machte ich also. Er stellte den Motor ein, anschließend wollte ich gleich zum TÜV; ich ließ den Motor an und traute meinen Ohren nicht. Rauh, heiser, unrund, gar nicht V6-like. „Was ist los, Herr Meyer?“ „Naja, Sie sind Musiker, Sie hören dit gleich, wenn icken so einstelle, bestehnse die ASU auf jeden Fall. Hinterher kommsenochmal, dann machicketwieda richtich, detta jut läuft!“

Genau das hat VW gemacht mit dem kleinen Add-On. Schließlich wollte man ja keine Schwierigkeiten mit der amerikanischen ICCT (The International Coucil on Clean Transportation).

Ach ja: Vorbei die Zeiten, da ich solche hinreißenden Riesenkisten gefahren habe. Mein A3 ist übrigens aus dem Hause VW, ein prima Flitzer (Benziner, ich mag das Tackern nicht).
Prima wie eigentlich alle VWs und ihre Anverwandten aus Spanien, Tschechien oder Bayern. Kein Grund für dieses Börsendebakel.
Vielleicht sollten sie bei VW Herrn Meyer mal fragen, was man da machen kann...

©hoeldke2015

Freitag, 25. September 2015

Ab heute ist die DEGEM auf dem KONTAKTE-Festival in der Berliner Akademie der Künste!


Die DEGEM ist beim KONTAKTE-Festival der Akademie der Künste Berlin (25.-27.09.2015) mit verschiedenen Veranstaltungen vertreten:

Freitag 25. - Sonntag 27.09.2015
Klanginstallationen von André Bartetzki, Dyffort und Driesch, Tilman Küntzel

Samstag 26.09.2015, 11:00-11:30 Uhr

Donnerstag, 24. September 2015

Fast altmodisch - fast Prophetie

Es ist oldfashioned - die DEGEM gibt ihr jährliches Album als CD heraus. Als feststand, dass der Name der Platte „Grenzen“ sein würde, gab es die Musik noch nicht, die Komponistenliste sollte Ergebnis einer Ausschreibung sein. Aber es gab einen DEGEM-Beschluss, dass „Grenzen“ als physikalischer Tonträger erscheinen sollte.

Schon fast Prophetie - als der Titel „Grenzen“ feststand, gab es noch keine „Flüchtlingskrise“ und kein innereuropäisches Grenzenproblem. Insofern müssen wir uns auch nicht dem Vorwurf aussetzen, die CD sei eine aktuell-modische Bezugname, eine „CD zur Krise“. Die Kompositionen sind als zentrale Positionen zum Thema „Grenzen“ auf einem hybriden Album entstanden. Die Aktualität des Titels hat sich ganz von selbst eingestellt.



Frisch aufgelegt!
DEGEM CD 13 „Grenzen“


„Grenze  - sie kann den Rand eines Raums bezeichnen, sie kann eine Trennlinie sein oder eine Trennfläche. Grenzen zwischen Menschen, Nationen, Staaten, Gedanken, Traditionen, Landstrichen, Kulturen. Eine Abgrenzung von außen und innen. Eine Begrenzung des Eigenen oder die Grenze zum Anderen. Grenzen können durchschritten, übertreten, aufgebrochen, überwunden, ignoriert oder verschoben werden. Genauso kann eine Grenze schier unüberwindbar sein.

Grenzen - eines der zentralen Themen unserer Zeit. Wurden die Grenzen an vielen Stellen Europas auch längst abgebaut, sind die Ränder des Kontinents in den vergangenen Monaten für viele zur tödlichen Grenze geworden. Religionen und Kulturen werden als Grenzen wahrgenommen. Die Beschäftigung mit der aktuellen politischen Lage, motivierte mich für diese Ausgabe der DEGEM-CD das Oberthema Grenzen zu wählen.

Grenzen – In der Interpretation des Themas sollten die Komponist/-innen völlig frei sein. Auf diese Weise wurden 10 hochwertige, neue Stücke geschrieben, die sich auf eine vielfältige, experimentelle und sehr differenzierte Weise mit Grenzen auseinander setzen.“
(Florian Hartlieb)

Vorgestellt wird die CD am Samstag, dem 26.September 2015 um 17 Uhr in der Akademie der Künste:
http://www.adk.de/de/projekte/2015/Kontakte/teaser_13.htm

Edition DEGEM:
http://editiondegem.de/component/virtuemart/?page=shop.product_details&flypage=flypage_degem.tpl&product_id=36&category_id=1

Mittwoch, 23. September 2015

Musikdistribution - Lieferung und Konsum
oder
Wie liefert man Luftschwingungen?

Früher war es so: Die einen haben gesungen oder gespielt, die anderen haben das angehört, jahrhundertelang musste man in die Kirche gehen, um Musik zu hören, dort war sie aber nur ein Begleiter, der Träger eines Textes und einer letztlich außermusikalischen Botschaft. Von reiner Musikdistribution kann man also erstmalig so 1600 sprechen, mit dem Aufkommen der Instrumentalmusik.
Nebenbei hat es immer Tanzmusik gegeben, auch damals schon als minderwertig verschrien; sie wurde nicht ge- und nicht überliefert, man hat sie dann gespielt, wenn sie gebraucht wurde.

Gemeinsam allen Musikarten war zumeist die „Live“-Aufführung, anders war ihre Darbietung auch kaum denkbar. Jedoch ist Aufführung nicht die einzige Form der Musikdistribution. Eine andere ist die Musikkonservierung, zumeist in Form einer Notation, die eine Basis des zeitlichen Transportes bildet. Mit ihr kommen Aspekte wie Interpretation und Urheberschaft dazu.

Die maschinelle Darbietung von Musik lässt sich bis zum ersten Jahrhundert n.Chr. nachweisen. Musikautomaten machten nicht nur die Komposition, sondern auch die Interpretation konservierbar. Seit der Existenz von Musikwiedergabegeräten kann man zwischen produzierter und reproduzierter Musik unterscheiden, und damit stellt sich die Frage, ob das Kunstwerk selbst oder nur dessen Abbild konserviert wird. Unbestritten ist hingegen, dass Musik durch die Verbreitung in Form von Musikkonserven einer wesentlich größeren Anzahl von Konsumenten zugänglich gemacht werden kann und wird.

Dienstag, 22. September 2015

Konzert der DEGEM

Samstag, 26. September 2015, 19 Uhr

Akademie der Künste
Hanseatenweg 10
10557 Berlin

Werke von Ralf Hoyer, Clemens von Reusner, Hans Tutschku, Leo Hofmann, Hans Holger Rutz und Marc Behrens


(im Rahmen des KONTAKTE-Festivals)

http://www.adk.de/de/projekte/2015/Kontakte/teaser_14.htm






Sonntag, 20. September 2015









Ab Oktober im DEGEMWebradio@ZKM


sonONOlux - Schule der Kinoklänge
 Ein Feature mit akustischer und elektroakustischer Musik
von Michael Hoeldke

In der Filmmusikklasse




 Eunice Martins vertont Stummfilme live im Kino, komponiert Filmmusik, performt elektroakustisch. Sie hat mal Klavierlehrerin gelernt.
Was ihr im Unterricht gefehlt hat, in der Schule und an der Hochschule, kann sie jetzt mit jungen Menschen nachholen.

 Laura Mello überschreitet Grenzen und vereinigt Medien. Sie ist sich ihrer privilegierten Position in der Gesellschaft bewusst und sieht die Arbeit mit den Jugendlichen als Teil ihrer Kunst; damit andere an ihremWohlstand teilhaben können.

 Beide bilden das Projekt sonONOlux. Wenn sie an Berliner Schulen erscheinen, gibt es Filmmusikunterricht. Jeder ihrer Kurse schafft ein kleines Leben. Mit Geburt am Anfang. Und Erfolg am Ende. Mit Premiere im Berliner Arsenal-Kino.


 Das DEGEMWebradio ist 5 Tage zur Schule gegangen und hat sonONOlux bei der Arbeit über die Schulter geschaut. Impressionen von einer sehr speziellen Musikproduktion.






Mehr Info:

Blog/HP sonONOlux:

HP Eunice Martins

HP Laura Mello

HP Kino Arsenal



HP Kino Casablanca

HP Anna-Seghers-Oberschule

Montag, 31. August 2015




Maria Scharwieß - Organistin gegen das Grau

Einmal in der Woche spielt sie, die Kantorin der Nathanael-Kirchengemeinde in Berlin-Friedenau, immer so rund eine Stunde, manchmal mehr, manchmal weniger, aber immer am Samstag. Maria Scharwieß ist dort seit 1979 angestellt.

Viele Kantoren veranstalten regelmäßige Kurzkonzerte, etwa unter dem Motto „30 Minuten Orgelmusik“ oder „Orgelbesinnung“; hier präsentieren sie, was sie die Woche über arbeiten, üben, studieren; hier zeigen sie ihre musikalische Persönlichkeit, ihre Interessen, ihren Geschmack.
Maria Scharwieß hat ihre wöchentlichen Orgelmusiken schon immer genutzt, außer der traditionellen Literatur etwas mehr Farbe in das evangelische Grau des Kirchenmusiklebens zu bringen. Für sie ist es normal, dass nichts auf der Welt normal ist. Maria Scharwieß war eine der ersten in Berlin, die einen Synthesizer in einer Kirche erklingen ließ, es gab Bach damals. Ausgerechnet in Nathanael, die Gemeinde galt vielen als reaktionär, als ein Hort des Gottgegebenen, des Unveränderlichen. Aber es gab auch Befürworter ihrer Schritte, die bis weit vor die Tür des üblicherweise zugewiesenen Gärtchens führten.

Heute wagt sie sich viel weiter vor. Sie spielt Jazz, allein und mit Gastmusikern, Popmusik, Folklore und das, was man üblicherweise unter kirchlicher Orgelmusik versteht, es gibt kaum musikalische Grenzen. Maria Scharwieß ist ein offener Mensch, ist geistig flexibel: Bitter nötig in Zeiten sterbender Kirchen, die in ihrer frömmelnden Isolation ersticken.

Ihre Orgelabende finden vor einem treuen Anhängerkreis statt, man nimmt gerne auf der Orgelempore Platz, so kann man sie auch spielen sehen, die Finger gleiten über die drei Manuale, ihr Pedalspiel hat etwas leichtes, die Schwerkraft kann Maria Scharwieß offenbar wenig anhaben. Die Schukeorgel hat einen zusammenhängenden Prospekt, so fällt die Platzwahl nicht so schwer, man hört fast überall die Stimmen so, wie Maria Scharwieß sie registriert und balanciert.

Neunzehn Uhr. Zu Beginn des Abends kommt sie durch eine andere Tür als die Zuhörer, eine Tür dicht bei der Orgel. Sie hat ein Ansagemikrophon, erläutert die Musik, die sie gleich spielen wird. Oper, Songs, Renaissance; jeder Abend hat ein  eigenes Motto. Beliebt sind die Zurufkonzerte. Man äußert einen Wunsch, Komm lieber Mai, Yesterday oder der Triumphmarsch aus Aida. Sie dreht sich um, setzt sich an die Orgel. Man bemerkt, wie wuchtig das Instrument ist, die Organistin davor: Ein gespannter Augenblick der Einsamkeit.
Maria Scharwieß beginnt manchmal leise, manchmal legt sie auch richtig los. Sie schleift bisweilen Töne an wie ein Hammondorganist. Sie harmonisiert Kirchenlieder 4-10 stimmig. Wer da aus scholastischen Gründen die kirchenmusikalische Nase rümpft, muss schon völlig unsensibel sein, um nicht nach kurzer Zeit einzusehen, dass es mehr als nur eine musikalische Welt gibt, Maria Scharwieß kennt sie offenbar alle, auch die traditionelle. Denn sie kann polyphon improvisieren, ganz lege artis, spielt die ersten vier Stimmen manualiter, dann kommt als Höhepunkt das Thema im Pedal, behende, mit traditionellem Laufwerk in den Fingern, stimmig, routiniert, immer vital, ohne jede Erstarrung.

Man weiß manchmal nicht genau, welchen Weg eine ihrer Improvisationen nimmt, manchmal weiß sie es selbst noch nicht, man will fragen: „Hast Du Dich verlaufen?“
Hat sie nicht. Sie verliert nie den Zugriff auf die Musik. Sie kann rasante Tonartwechsel wie bei Hindemith spielen, sie jazzt schon mal einen Choral, mit vielen blauen und geschmierten Noten, aber nie schmierig. Auch wenn sie sich manchmal ganz weit hinaus wagt, sie findet immer nach Hause. Sie baut Brücken zu alter, zu neuer Musik.

Und das wichtigste: Der Spaß, den das Musizieren ihr macht, überträgt sich auf die Zuhörer, die Füße wippen oft, neulich musste ich mich selbst bremsen, um nicht vernehmlich mitzusummen. Denn Maria Scharwieß hat die Gabe, cantabile auf einer Orgel zu spielen. Sie kennt die Grenzen, die das Instrument hat, und sie wird gut fertig damit. Was bei vielen jazzenden Organisten wie ein eislaufender Elefant wirkt, bei Maria Scharwieß funktioniert das.
Das meiste spielt sie auswendig oder nach Gehör, eherne Orgellehrer würden manchmal von illegalem Tonsatz reden, aber das darf man hier nicht: Die Scharwieß hat eine mitreißende, eine sehr basisnahe Musikalität, die verkündet: Alles, was ich hier spiele, ist auch so gemeint.

Maria Scharwieß’ Orgelabende können vielerlei Gestalt annehmen: Konzert, Andacht, Best Of oder Workshop. Die Spanne reicht weit, von spontaner musikalischer Äußerung bis zu dezidierter Interpretation.

Und wenn sie mal wieder ein paar neue Harmonien unter eine bekannte Melodie wie „Maria“ aus „West Side Story“ oder den Gefangenenchor legt, weiß man: Das darf keiner so machen. Außer ihr.

Wenn es richtig gut läuft, dann lächelt auch der liebe Gott. Sogar, wenn man nicht an ihn glaubt.
(Michael Hoeldke)



Mehr Info:


dachte ich mir - Mein neuer Blog

Zunächst mit älteren Beiträgen. Aber keinen veralteten. Michael Hoeldke

Sonntag, 30. August 2015

Ozonloch - nanu?

©SZ 2012
Ozonloch - nanu?

Es ging in den Achtziger Jahren los mit den Meldungen über das Dünnerwerden der Ozonschicht, weitete sich dann zur Daueralarmmeldung und führte 1987 zum Montreal-Protokoll. Darin wurde eine Rezuzierung und letztendlich die Abschaffung der Gasemissionen beschlossen, die die Ursache für das Ozonloch darstellen, FCKW voran.

Man kann tatsächlich seit 1989 eine Verlangsamung des Anwachsens der FCKW-Konzentration feststellen, seit kurzer Zeit sogar eine Abnahme. In den Nachrichten ist allerdings von einem "Kleinerwerden des Ozonlochs" die Rede. Das wundert nun doch. Angeblich dauert es ja 30 Jahre, bis Maßnahmen, die auf der Erde getroffen werden, sich in der Atmosphäre erstmals auswirken. Der Zusammenhang mit dem Treibhaus-Effekt, der durch Gase verstärkt wird, die der Ozonschicht andererseits nützen, lässt aufhorchen, oder besser der Zeitpunkt, zu welchem dieser Zusammenhang festgestellt wird.

Die genannten dreißig Jahre sind nämlich erst nach 2020 um, wahrscheinlich später, und dann handelt es sich ja auch erst um die Phase, an deren Anfang ein verminderter Anstieg, aber keinesfalls ein Sinken der FCKW-Konzentration steht. Ist dies nun auch wieder eine Ente wie das Waldsterben, dessen lautesten Kündern zufolge heute nicht ein Bäumelein mehr stehen würde?

Hm.

©Hoeldke

Über die Alltagstauglichkeit Elektroakustischer Musik - Ein Abend mit Live-Filmmusik

Über die Alltagstauglichkeit Elektroakustischer Musik - Ein Abend mit Live-Filmmusik

Manchmal gibt es Erkenntnisse, die sich als solche gar nicht gleich offenbaren. Am Samstag, dem 7.Juli 2012 fand so etwas statt, im Berliner "Arsenal"-Kino.

Unter dem Titel
"Pieces for the Archive": Live Composition by Eunice Martins and Mehmet Can Özer
wurden stumme Kurzfilme live mit Ton versehen: Die Berliner Komponistin und Pianistin Eunice Martins, die auch für die Filmauswahl verantwortlich zeichnet, spielte auf einem z.T. präparierten Flügel und einem kleinen Harmonium, der türkische Komponist und Musiker Özer nahm die Klänge des Gespielten über ein Mikrophon auf und transformierte sie mit Hilfe computergestützter Live-Elektronik.

Neun Kurzfilme aus den Jahren 1921 bis 1976 wurden durch die unter der Bezeichnung "Live-Komposition" firmierenden Klänge zu neuem Leben erweckt. Der erste, "Susan Through Corn" ist noch ein Tonfilm nach live gespielter Ouverture. Danach setzte das Duo wieder ein. Gewichtigster Punkt auf der Abendzeitachse: Ein 17minütiger Film über eine Schwenkbrücke ("Railroad Turnbridge" von Richard Serra), die abwechselnd Zügen und Schiffen die Passage freigibt. Durch sparsames und niemals lautes Vertonen des Schwarzweißopus, zeigen Martins und Özer mit ihrer Musik die Zerbrechlichkeit der menschlichen Versorgung, obwohl deren Wege aus schwerstem Metall gebaut sind.
Von Film zu Film wurde durch eine Art musikalischer Conférence übergeleitet. Das Spektrum der anfallenden Vertonungen reichte von sehnsuchtsvoller Raumschaffung bis hin zu trockener Sequenzeriteration, die aber nie in Starrheit versank.

Der Abend wurde zu einer Lehrstunde erfolgreicher Musikfusion. Eunice Martins, die sich als Stammpianistin des Arsenalkinos um das Neuerstehen von Stummfilmen seit Jahren einen Namen macht, hat einen unverwechselnbaren Stil, der in offener Tonalität jederzeit einen überraschenden Sprung in völlige Dissonanz erlaubt. Sie vollbringt das Kunststück, dass trotz dieser Offenheit nie ein Eindruck von Blutleere oder gar Beliebigkeit entsteht.

Die bis heute eher stiefmütterlich behandelte elektronische bzw. elektroakustische Musik erfuhr durch Mehmet Can Özer eine (in der Werbung übrigens schon lange übliche) Demonstration ihrer Praxistauglichkeit, sie wurde durchaus vor aller Ohren massentauglich; dies besonders übrigens durch die Tatsache, dass die Klänge, traditionellen Instrumenten oder elektronischen Equipment entstammend, von lebendigen Musikern hervorgebracht wurden. Ähnliche Klänge werden in Kinovorstellungen eigentlich schon lang eingesetzt, allerdings dann oft nicht als Musik wahrgenommen. Mehmet Can Özer musste in der anschließenden Diskussion klarstellen, dass er eigentlich keine Klangaufnahmen oder Samples im Sinne der musique concrète, sondern hauptsächlich "Real Time" erzeugte Klänge einsetzt, dies zu einem großen Teil improvisatorisch, aber durchaus klangbewusst, also nicht rein zufällig.

Hartgesottene Fans zeitgenössischer elektroakustischer Tonkunst haben wahrscheinlich an diesem Abend nichts wirklich neues vernommen, darauf kam es aber gar nicht an. Es wurden elektronisch generierte Klänge in den Betrieb der Filmmusik eingewoben, mal begleitend, mal im Vordergrund, Özer machte klar, dass es keiner eindeutigen Tonhöhen bedarf, um Musik zu machen, seine Klänge ließen keinen Zweifel daran, obwohl im traditionellen Sinne manchmal durchaus "geräuschhaft".

Die disziplinübergreifende, aber politisch unkorrekte Stilvereinigung ergab einen Spannungsbogen, der den ganzen Abend hielt, weil beide Akteure aufeinander hörten und uneitel ein gemeinsam hervorgebrachtes Klanggeschehen möglich machten. Der Synergieeffekt ergab einen sicheren und souveränen Vortrag, der nicht aufgesetzt wirkte im Sinne eines "Ich-mache-es-anders", sondern stets die Neugier wach hielt. Der im Publikum anwesende Musiker Torsten de Winkel äußerte sich über die Klangvielfalt der Liveelektronik, die oft überraschte, aber nie unpassend war.

Filmmusik ist im musikalischen Sinne immer Epigonenwerk gewesen, sie muss auf bewährtes zurückgreifen, und das ist auch ganz richtig so, zeigt sie doch etwas über die Alltagstauglichkeit von Tonkunst jedweder Art.
Mehmet Can Özer und Eunice Martins haben durch eine sehr von persönlichem Stil geprägten, aber der Sache Filmmusik dienenden Präsentation bewiesen, dass es nicht nur die Scholastik autistischer Elfenbeinturmbewohner auf deutschen Sommernuniversitäten ist, die die Musikentwicklung vorantreibt, sondern auch die Musikpflege für den täglichen Gebrauch, der Ausbau des Neuen für ein breiteres Publikum ohne Vorbildung. Das durchaus begeisterte Publikum kam zwar gestern mehrheitlich aus den Bereichen "Musik" und "Film", der Abend wäre aber dazu angetan gewesen, auch davon unbelastete Zuschauer zu faszinieren. Gedient wurde gleichermaßen den Gebieten "Neue Musik" und "Experimentalfilm".

Man kann hoffen, dass dieses Beispiel Schule macht und die Musikentwicklung endlich aus den üblichen oberlehrerhaften Positionen wie E und U oder einem neurotischen Atonalitätszwang herauskommen kann. Schließlich ist das ein freies Land hier.

(Michael Hoeldke)

Mehr Info: http://www.eunicemartins.eu/

Analog - Ein Plädoyer für Photographie mit Zelluloid

Analog - Ein Plädoyer für Photographie mit Zelluloid

Ein alte Kamera ist wertbeständig. Selbst wenn man eine analoge Spiegelreflex im Internet für 50,-€ kauft, kann man mit ihr gute Photos oder auch echte Kunst machen. In einem Film über den Meisterphotographen Martin Schoeller sieht man ihn mit einer alten Mamiya arbeiten, die im Internet in gutem Zustand allenfalls ein paar Hundert Euro kostet. Mit der macht er die berühmten Hillary-Clinton-Shots für den New Yorker. Ich glaube kaum, dass seine Photos besser würden, hätte er sie mit einer Zigtausend Euro kostenden State-of-the-Art-Kamera gemacht hätte. Er könnte sich eine solche Kamera durchaus leisten, vielleicht hat er sogar eine.

Aber Schoeller, das gilt für jeden guten Photographen, ist selbst State of the Art. Ein guter Photograph hat ein Konzept für seine Bilder, er sieht sie, bevor er abdrückt. Mit einer Kleinbildkamera für 50€ genau wie mit einer neuen Hasselblad. Jeder kann sich auf die Spuren guter Photographie begeben. Mit einer alten Kamera, die ist wertbeständig und wertvoll, gewinnt sie doch ihren Wert dadurch, dass ein Mensch sie hält. Kommt die Langsamkeit des Analogen hinzu, ändert sich der Zeitbegriff. Man nimmt sich Zeit, die man geschenkt bekommt.


Die Digitalphotographie hat Deutschland zu einem Land der Kameramänner gemacht. Jeds Event, jeder Spaziergang, alles, was irgendwie hübsch ist, wird digital eingepixelt. Insofern ist es schon wichtig, etwas besonderes zu liefern, will man in der täglichen Photoflut im Internet überhaupt beachtet werden, es sei denn, man hat sich auf Schmusetiere spezialisiert.

Die Ruhe, die die Verwendung von Zelluloid zu Photozwecken ausstrahlt, ist nicht mehr zeitgemäß. Das ist eben kein Real-Time-Arbeiten. Man braucht lange, um ein Sensorium für Kameraeinstellungen zu bekommen, damit man beruhigt abdrücken kann, ohne sofortige Kontrolle. Neben dieser Wartezeit kommt noch die Entwicklungszeit dazu, die übrigens in geeigneten Geschäften für 35-mm-Farbfilme nur etwa eine Stunde dauert, aber den meisten schon zu lang ist. Lässt man sich trozdem darauf ein, erlebt man einen unerwarteten Reiz.

Mit der Pflege der analogen Photographie reiht man sich aus. Jede Aufnahme ein Risiko. 12, 20 oder 36 Aufnahmen, und man hat einen Film verschossen. Das kostet.
Neben der Wertigkeit alter Kameras ist jede Betätigung des Auslösers ein Akt größerer Bedeutung. Paradoxon: Kostet die Aufnahme durch bessere Arbeit weniger, ist sie mehr wert. Keine Reserve einiger Hundert oder gar einiger Tausend Aufnahmen: Das erhöht den Reiz, das Risiko des Scheiterns einzugehen und dabei Erfolg zu haben.

Analog-Photographie vermittelt ein Gefühl für Endlichkeit und Wert. Ähnlich wie beim Essen: Eine kleine Portion eines leckeren Gerichts fördert den langsamen Konsum. Der Genuss und die Lust am Leben wachsen. Die Endlichkeit des Schönen macht attraktiv. Die Langsamkeit lädt zum Verweilen ein.

All dies macht das analoge Photo zum Genuss. Schon bei der Aufnahme. Digitale Erfahrung kann man dabei trotzdem wunderbar einbringen.

(Michael Hoeldke)